Warum Online-Bewertungssysteme erweitert werden sollten

Von 4. September 2015 Allgemein Kein Kommentar
Beitragsbild zum Blogeintrag über Online Bewertungssysteme

Momentan kursieren Gerüchte, dass einige große Plattformen ihre Bewertungssysteme abschaffen oder zumindest umstellen möchten. Vor allem bei Online-Marktplätzen würde dies gravierende Auswirkungen für die Nutzer haben: Kaum vorstellbar, dass man demnächst auf einer Artikelseite keinerlei Informationen über den Verkäufer erhält, schließlich sind diese bisher äußerst prominent einsehbar und beeinflussen Viele bei ihrer Kaufentscheidung. Zukünftig soll man sich ausschließlich auf das gewünschte Produkt fokussieren und sich von nichts anderem beeinflussen lassen.Die Vertrauenswürdigkeit eines Verkäufers soll zukünftig keine Rolle mehr spielen. Eventuelle Mängel oder Ausfälle sollen Käuferschutzsysteme abfangen.

Warum wollen einige Plattformen ihre Bewertungssysteme abschaffen? Ein Erklärungsversuch.

Große Plattformen, wie Amazon machen es vor, rücken Anbieter konsequent in den Hintergrund und haben scheinbar Erfolg damit. Andere Online-Marktplätze sind von dieser Vorgehensweise offenbar so überzeugt, dass sie sich an den Marktführer anpassen möchten. Mit diesem Richtungswechsel könnten aber gerade Auktionshäuser und Vintage-Marktplätze ein Stück ihrer Identität verlieren. Sie laden zum Stöbern ein und man klickt sich Seite für Seite durch die Angebote, um einzigartige oder seltene Artikel zu finden. Wer macht das schon bei Amazon? Gerade bei Auktionen möchten drei von vier Personen wissen, wer der Verkäufer ist und woher der Artikel kommt. Außerdem identifiziert man sich während einer mehrtägigen Auktion viel stärker mit dem Artikel und ist logischerweise viel stärker enttäuscht, wenn etwas schief läuft.

Die Entfernung der Verkäuferinformationen von den Artikelseiten und die nachgelagerten Käuferschutzsysteme suggerieren Sicherheit vor Enttäuschungen. Aber ist das wirklich der Fall? Auch nach diesen Änderungen wird es schwarze Schafe geben, denn auch zukünftig werden Artikel nicht verschickt oder entsprechen nicht der Beschreibung. Die Abschaffung der Bewertungssysteme kann diese Enttäuschung nicht verhindern. Nur weil der gezahlte Kaufpreis problemlos zurück erstattet wird, ist nicht alles wieder in Ordnung – die Enttäuschung wird bleiben. Die Freude über diesen einzigartigen Artikel oder diese mitreißende Auktion mit dem glücklichen Ausgang für einen selbst – sie verblasst dahinter. Und somit verschwindet ein Grund, warum viele Nutzer ihren Online-Marktplatz regelmäßig besucht und dort eingekauft haben. Verkäufer – ob gewerblich oder privat – verlieren durch die Verdrängung der Bewertungen ihren über Jahre mühsam aufgebauten Ruf auf einen Schlag. Im besten Fall werden solche Informationen noch irgendwo auf Unterseiten abrufbar sein, wo sie kaum noch Relevanz haben. Verkäufer werden dadurch zu bloßen Versandmaschinen, bei denen Individualität, Originalität oder wirkliche Vertrauenswürdigkeit keine Rolle mehr spielt.

Der andere Weg: Die Erweiterung von Bewertungssystemen

Die Abschaffung von Bewertungssystemen ist nicht alternativlos. Anstatt sie komplett abzuschaffen oder in den Hintergrund zu drängen könnten Informationen über Verkäufer viel prominenter und umfangreicher als bisher platziert werden. Doch die bloße Anzahl oder das Verhältnis von positiven zu negativen Bewertungen sollten nicht die einzigen angezeigten Informationen sein. Genau wie im alltäglichen Leben gewinnen zusätzliche Faktoren beim Online-Einkauf an Gewicht. Produkte aus kleinen Manufakturen, regionale oder saisonale Artikel werden zunehmend ganz bewusst gekauft. Neben dem reduzierten Carbon Footprint ist es einfach ein anderes Gefühl genau zu wissen, wo das eingekaufte Produkt herkommt und wer dieses hergestellt hat. Dieser Trend setzt sich auch Online durch. Plattformen der Sharing Economy machen es vor und nicht zu unrecht werden dieser Branche größte Wachstumsraten zugetraut.

Die Alternative zur Abschaffung kann also sein, den Verkäufern die Möglichkeit zu geben, mehr Informationen über sich preiszugeben. Ein Profilbild, einige Informationen über sich selbst, seine Arbeit, sein Unternehmen – vielleicht sogar Interessen und Hobbies. Zusätzlich zu den Informationen „klassischer“ Bewertungssysteme erhalten Käufer einen schnellen Überblick über Dinge, auf die sie beim Offline-Kauf ebenfalls besonderen Wert legen. Verkäufer können sich mit so einem erweiterten Bewertungssystem darstellen wie sie sind, nämlich vertrauenswürdig .Käufern wird durch solch einen umfassenden Vertrauensnachweis die Kaufentscheidung tatsächlich erleichtert und erhalten vor dem Kauf die größtmögliche Sicherheit, am Ende mit dem Handel (und dem Artikel) zufrieden zu sein. Der nachgelagerte Käuferschutz muss dabei nur die durchaus sinnvolle aber absolute Ausnahme darstellen.